Das Kind in mir…

…brachte mich heute bei der letzten Familienfeier im Gespräch über ein anderes, gequältes Kind zum Weinen…

Meine Chronik…

Alles der Reihe nach…

1. Oktober 2016, Samstag 15:58

Mir schlägt das Herz bis zum Hals, ich kann nicht mehr! Alles überfordert mich! Die Freude darüber, Petra, die Kulturmanagerin getroffen zu haben und von ihr erfahren zu dürfen, dass das Land Burgenland für seine Landesgalerie unbedingt ein Werk von mir erstehen möchte, hält sich in Grenzen.

http://landesgalerie-burgenland.at/

Das muss ich noch machen und dies sollte ich nicht vergessen und jenes ist noch nicht erledigt und alles andere ebenfalls liegen geblieben!! Ich könnte platzen vor Stress, vor Panik!! Zu allem Überfluss gerade auch noch entdeckt, niemals auf Tinas Nachricht geantwortet zu haben, ganz zu schweigen von all den anderen, zu deren Beantwortung ich mich einfach nicht in der Lage fühle. Auch jetzt hier wieder zu diktieren, setzt mich so dermaßen unter Druck. Ich habe keine Zeit, ich habe für nichts und niemanden Zeit!! Wobei zeitgleich das Gefühl entsteht, keinerlei Aufmerksamkeit wert zu sein!! Und die Pumpe rast und rast und rast und der Balkenmäher auf dem Grundstück nebenan treibt mich zusätzlich in den Wahnsinn!! Alles scheint sich im Augenblick zu überschlagen!! Und dann liegt da noch Arbeit von Mieke, die ich erlegen sollte!… Einmal tief durchatmen… Mich extra nach draußen gesetzt, um nun zumindest die kleinen Aufnahmen zu schneiden und zu konvertieren. Doch am liebsten würde ich jetzt… Würde ich das tun, was ich in Situationen dieser Art zu tun pflege. Die Klingen wären griffbereit… Stattdessen das Videoprogramm öffnen. Irgendwas, zumindest IRGENDETWAS schaffen an diesem erneut vergeudeten Tag…

16:53

Wenige Dinge erledigt und mich nun mit der Entschleunigung meines alten Notebooks herum schlagen müssen. Dieses Video, dieses Bild… Nichts wird fertig! Morgens zum ersten Mal seit Monaten wieder Rosalinde auf der Terrasse, die Hinterbeine, das Gesäß voll geschissen, das arme Tier ein Gerippe. Man möge mich verurteilen, aber ich lasse Sebastian erneut Entwurmung für Ziegen kaufen und spicke damit eine Semmel. Wie ich es schon mal 2013 getan habe.

19:18

Mein Schädel platzt gleich, die Verspannungen in der Brustwirbelsäule haben sich gewaschen und der Blutzucker droht zu kollabieren. Wie schon gestern im Supermarkt. Spätestens an der Kasse hatte ich den Eindruck, in den nächsten Sekunden ohnmächtig gen Boden zu sinken. Die 1. Therapiesitzung (Brigitte hat tatsächlich mit einem ausgezeichneten Zeugnis abgeschlossen) war interessant, auch wenn sie nicht sonderlich begeistert davon war, dass Markus wieder aufgetaucht ist. Sie findet das alles „durch und durch dubios“ und würde mir jemand das gleiche erzählen, ich würde mein Gegenüber packen und schütteln: „Bist du verrückt?!“. Dennoch unterhalte ich mich gut mit ihm, so habe ich mich auch gestern wieder ein wenig an ihm aufreiben können und zugleich Bestätigung in diversen Dingen gefunden. Meine Therapeutin hingegen etwas entsetzt, vermutlich hatte ich es wie einen Vorwurf formuliert, dass ich davon ausging, dass wiederum sie das Thema sexueller Kindesmissbrauch völlig abgeschrieben hätte.

Abends dann noch verspätet Besuch bekommen. Meine Chefin/Freundin. Wir haben uns lange und eingängig unterhalten, obwohl mein Schädel wie verrückt hämmerte. Auch heute bat ich Sebastian mich einmal kurz hochzuheben, bevor ich mich draußen an meinen PC setzte. Ganz „vertrauenswürdig“ krachte es dreimal in meiner Wirbelsäule und diverse Spannungen lösten sich auf. Kurzfristig, wie ich jetzt bemerken muss. Insgesamt über eine Stunde (und das ist lediglich die gemessene Zeit) auch heute gegangen. Der Einkauf war kurz und katastrophal. Auch die 1. Runde am Haus sah nicht besser aus… Jene mittags nach einer Stunde und 15 Minuten an der Leinwand bekam durchaus eine positive Bewertung… Doch dann während der Zweiten setzte die Wirkung der Abenddosis ein. Man kann davon halten, was man will: Doch das Tramal ist in meinem Fall ein Wundermittel!! Mein Gangbild sogar noch schöner als zu Mittag, weniger Schritte für die Hauslänge benötigt und auch die anschließende Haarwäsche bereitete kaum Probleme. Lediglich jetzt bricht das ganze System erneut in sich zusammen. Die Kopfschmerzen, die Verspannungen im Rücken und der rechte Fuß droht mir mit Krämpfen. So wird aus einem vermeintlich versöhnlichen Ende lediglich ein weiteres kleines Debakel. Und die Schmerzen in meinen Pobacken…

588:15 insgesamt. Nach all dem, was ich gelesen habe, darf man Aspro mit den neuen Schmerzmitteln nicht kombinieren. Grandios. Und noch ein kleiner Lichtblick: Jeden Tag ein Furosemid und das Gewicht von vorgestern 57,7 gestern runter auf 56,6 und heute gar 55,5. Wenn ich die Tabletten weglassen sollte, was passiert dann??

…Und schön öffnet sich der Höllenschlund, es krampft unerträglich…

21. September 2016, Mittwoch 18:11

Meine Nerven liegen blank. Eingekesselt von tausenden Stromkabeln und jeder noch so winzige Krümel dazwischen verstärkt das Gefühl, durch und durch dreckig zu sein. Mein Herz rast, mein Rücken schmerzt, lediglich der verdammte Ischias hält sich momentan noch zurück.

Mir läuft die Zeit davon! Ich habe keine Zeit!! Atemnot…

55 um 7:45. Vormittags lediglich 45 und nachmittags ebenso 45 gemalt. Und wenn ich die Unterlage noch so oft wechsle, die Schmerzen sind stärker. Ein kurzer Blick ins Internet, eine doch recht umständliche Frage gestellt und nichtsdestotrotz unzählige Antworten bekommen: Dieses Problem der Bildqualität sei bei jener Version meines Videoprogrammes allseits bekannt. Grandios. So eine richtige Lösung vermochte ich nicht zu finden und was mache ich jetzt? Aktuell schiebe ich ein dickes Paket von über 35 Gigabyte in Form von Dateien vorübergehend auf die Festplatte, um ausreichend Platz für das noch größere mit den hochqualitativen Videoaufnahmen zu haben. Die zurückliegenden mindestens 20 Stunden für die Fische! Nein, eigentlich noch mehr Stunden, muss ich doch auch jene mit einberechnen, die mein Projekt noch hier am alten PC gefressen hat. Auf dieser Version kann ich nicht mehr zugreifen und auf die neue erst recht nicht: „Plugins konnten nicht gefunden werden…“. Arschloch!!! ALLES NOCH EINMAL AUF 0, NOCH EINMAL GANZ VON VORNE ANFANGEN!! Mir vornehmen, den morgigen Tag definitiv dem Video zu widmen. Am Tisch sitzen vermag ich ohnehin nicht…

18:57

Daten gehen auf Wanderschaft, hin und her, es dauert und das Diktierprogramm gibt den Geist auf. Ein Notebook auf der Bank vor mir, ein anderes auf dem Schoß. Damit Geräuschkulissen exportieren, die Aufzeichnung von zuvor.

19:30

Keine Ahnung, wie oft meine Blase heute gekrampft hat und wie viel Urin in der zum Glück Monsterversion der Inkontinenzeinlage gelandet ist. In mir drinnen vibriert es, der Sprung von der oberen Zeile zur unteren hat zu lange gedauert und währenddessen die Uhr auf 19:31 gegangen. Mein Tic will mich brechen, aber ich belasse es bei Klimpern. Das Rumoren in der Magengegend bleibt. Draußen verabschiedet sich der Tag und darf ohne weiteres als (bei den letzten Worten eine weitere Aura und beinahe gekippt) gescheitert bezeichnet werden. Seit ich 6 bin (meine ich zumindest mich erinnern zu können) dieses Spektakel. Seit ich 6 bin spätestens mit dem Herbst im Abendrot alles und jeden sterben sehen. Augenblicklich drehen sich meine Ängste nicht unbedingt um diese Thematik. Aber vermutlich müsste ich nur kurz den Anreiz geben, und ich wäre „voll bei der Sache“! Augenblicklich ist es eine undefinierbare Angst. Definitiv die klassische Panik vor der nächsten Mahlzeit. Aber noch viel mehr. Diese kindliche Angst seit 30 Jahren, im letzten Sonnenstrahl meinen Anker, meine Bezugspersonen zumindest in der Fantasie zu verlieren und allein zurückzubleiben, um schlussendlich nachts 1000 Tode zu sterben oder besser sterben zu müssen. Morgens wieder einigermaßen gefangen, doch mit Fortschreiten eines weiteren Tages baut sich eben auch eine weitere Angstkulisse auf. Und das die nächsten Monate. Bis zu einem neuen Sommer. Dabei entsteht beinahe der Eindruck, dass (so etwas Gravierendes stattgefunden hat) es sich im Rahmen der Schulzeiten abgespielt haben müsste, oder liege ich da falsch? Warum ist der Sommer eine Atempause? Nichts als „eine kindliche Depression“, die mit dem Mehr an Licht in den heißen Monaten eine Pause macht? In Gedanken alles auseinandernehmen. Sogar meinen Klavierlehrer. Dessen Nasenhaare, dessen Hakennase und seine Marotte, mir beinahe jedes Mal die Fingernägel zu stutzen… Aber keine Erinnerung. Dennoch blättere ich permanent weiter in meiner Chronik; mehr Indoktrination als bewusst gesteuert. Auslösende Reize finden sich dieser Tage genug. Das Gefühl, in den nächsten Sekunden oder mit dem nächsten Wort das Bewusstsein zu verlieren, sehr, sehr belastend.

Vormittags 3 große Hausrunden gegangen, und sie sahen gut aus. Nachmittags 2 große Hausrunden, und die letzte war sogar noch schöner als die erste. Die Sonne war zum Vorschein gekommen und während ich eine Pause auf der Terrasse machte, die milden Strahlen mich aufwärmten, lief die Kamera und zeichnete endlich die für diese Jahreszeit typische Geräuschkulisse auf, viele Minuten OHNE diese verdammten Flugzeuge. Diese haben dann eine halbe Stunde später ihre Stoßzeiten. Ob das neue Notebook und die neue Version von Magix wenigstens DAS hin bekommen haben, also das Exportieren der Dateien in ein anderes und kleineres Format? Dieses Rätsel werde ich erst morgen lösen und den schlimmsten Fall nicht dann ärgern müssen. Auf jeden Fall steht auf dem Programm, beide PCs nebeneinander laufen zu lassen und mir die Fassung auf der einen Seite ansehen und auf der anderen versuchen nachzubauen.

Kurz vor 8 und nun schmerzen beide Oberschenkel. Nachmittags gleich 2,6 Hydal zusätzlich eingeworfen. Nachts, morgens in meiner Verzweiflung 20 Tropfen Dronabinol. Meine Beweglichkeit war in Ordnung, aber der Schwindel durchaus nicht zu unterschätzen. Also nehme ich den Scheiß weiter, vielleicht passiert ja irgendetwas… Irgendwann… Wahrlich am Ende mit meinem Latein. Auch fallen meine Augen mittlerweile zu. Die Hoffnung an ein baldiges und versöhnliches Ende dieses mit Ärger verseuchten Mittwochs bekommt ein Fundament.

578:15. Schluss.

14. September 2016, Mittwoch 11:39, „Die Angst vor der Angst…“

Kann nicht klar denken. Mindestens 15 Minuten gebraucht, ehe ich den ganzen Krempel nach draußen geschleppt hatte. Aber drinnen im Haus zu bleiben, keine Option. Auch weiß ich nicht, womit ich anfangen soll. Einem weiteren Schmerzbericht?

JAMMERN!!

Wie mir gerade bewusst wird, definitiv den Sonnenhut vernachlässigt, vergessen, die Sonne klettert über den Wald, durch die Dunstglocke und blendet. Meine beiden Omakarosserien zweifelsohne mit zu wenig Stellplatz ausgestattet. Bei den Logistikarbeiten definitiv schon einmal mit der Sorte Angst konfrontiert, dass mir mein Notebook runter fallen könnte.

Den Sitzplatz wechseln…

Ich kann mich nicht kontrolliert hinsetzen, falle einfach auf die Bank im Schatten der Autoscheune. Aber womit fange ich an… Dass der Kasten vom Roten Kreuz in einem fort gemeckert hat? Sebastian mit seinem Handy und ebenfalls nur eingeschränkter Verbindung zuhause bei der angeführten Telefonnummer angerufen hat und das Ergebnis aus diesem Telefonat/Einweggespräch mehr als ernüchternd war: „Da war lediglich ein Anrufbeantworter und die Dame sagte darauf, dass sie aktuell krank sei und nicht im Dienst.“? Soll das ein Witz sein? Und was ist, wenn ich den Knopf drücke, ihn benötige? Pech gehabt?

Mir wird schlecht. Die Beine kribbeln unangenehm.

Die Entwicklung des restlichen Tages ging in Richtung „DÜSTER“. Die Panikattacke weitete sich aus, akquirierte neue Betätigungsfelder… „Und was ist, wenn ich wieder soweit bin, Scheiße zu bauen? Würde ich dann freiwillig in eine Klinik gehen?“, um mir zeitgleich alle Wege zu verbarrikadieren: „Wenn ich dort wäre, würde ich ohnehin keine der mir angebotenen Tabletten schlucken.“. Sebastian mit seinem Handy nachlesen lassen, auf wie viel das Efectin noch gesteigert werden könnte. „Bei Panikattacken auf 225.“. Ich bin bei 150. Selbst das machte mir Angst! Ich werde doch auf meine alten Tage nicht etwa an meinem Leben hängen?

Da war gestern noch viel mehr, aber ich habe es vergessen. Außer vielleicht das: Hochgradig schreckhaft war ich. Die Lähmung in der Hand blieb nicht das einzige Manko. Je mehr die Angst vor dem Herbst, vor der Depression von mir Besitz ergriffen hatte, desto steifer wurde ich. Als er mir kurz vor Mitternacht vom Sofa half, war ich erstarrt, vermochte die Füße nur noch hinterher zu schleifen. Auch fällt mir gerade die Angst vor der Operation ein, während oben am Hügel die schreckliche Glocke 12 Uhr einläutet. Was würde ich am Samstag sagen? Was eine Woche drauf? Was für eine Pest ich mir da eingeheimst habe? Nächtelang Krämpfe, wieder und wieder befeuert durch Schmerzimpulse im operierten Zeh?! Wie würde ich mich verteufeln?! In dieser Verfassung löste alles in mir nur noch blanken Horror aus!!

12:07

Minutenlang saß nun eine Wespe auf meinem Finger und ich dachte an meine Nichten, an all jene, die bei so einer Situation einen hysterischen Schreikrampf bekämen… Ich habe sie nicht einmal weg gescheucht, ließ sie gewähren, bis ich ihr zu langweilig wurde. Ich weiß, dass über meinem Kopf unter dem Dach gleich mehrere Nester hängen. Auch werde ich mir der Libelle gewahr, die ein paar Meter vor mir im aufgestellten Aquarium in der Wiese stupide auf und ab fliegt. Hätte ich die Kamera mit, wäre auch das eine wunderschöne Einstellung für eine Intro gewesen.

Zurück zum Sofa: Bereits da hatte es pervers gekrampft, ordentlich unterstützt von meiner seelischen Schräglage. Zumindest die Beine wollten weglaufen. Dass der Körper nicht mitzog, dafür konnten sie ja nichts… Was für eine blumige Ansichtsweise! Noch mehr Hydal geschluckt, im Bett eine Ewigkeit gebraucht, bis ich einschlief, um nach 1 auf dem Rücken aufzuwachen und mich nicht umdrehen zu können. Weder die Gurte, geschweige denn das aufblasbare Sitzkissen habe ich bis jetzt erhalten. Sollten die Sachen nicht bereits letzte Woche kommen? Aber selbst damit hätte ich verloren. So steif wie schon lange nicht mehr. Ich musste ihn leider aufwecken, entschuldigte mich mehrmals und selbst er brauchte Minuten, um zumindest das rechte Bein so weit frei zu schütteln, dass er es behelfsmäßig anwinkeln und ich so einigermaßen stabil auf der Seite liegen konnte. Schöne Aussichten. Als er kurz nach 7 das Zimmer betrat: „Du hast die ganze Nacht gekrampft!“. Wie sah mein Plan aus? Mir an meinen Beinen ein Beispiel nehmen und ebenso „krampfhaft“ einreden, dass es ja noch nicht so weit sei? Dass alles gut wird? Ich alles überleben kann? Wie infantil muss man dazu sein? Vermutlich rumort irgendwo in mir längst das Grundsubstrat für eine Krebssorte, mich all meine Ängste und Aversionen und Neurosen und Zwänge von innen heraus krank machen werden. Viel habe ich mich noch nicht bewegt, aber dachte bis dato, so schlecht wie gestern würde es nicht aussehen. Keinerlei Läuterung… eine weitere Entwässerungstablette. Morgens 54,8 auf der Waage. Aber mir ein großes Paket abgenommen; so alles genau so klappt, wie ich es mir ausgemalt habe: Sebastian gebeten, im Krankenhaus anzurufen und den Termin zu stornieren. Ebenso bei der Rettung meinen Krankentransport. Tat doch die Stelle am Fuß gar nicht mehr weh… Es noch so lange ausreizen, wie es geht. 2 Stunden gemalt, der Hintern „not amused“. An den Beinen tut alles weh. Sei es die Rückseite, die Vorderseite, links oder rechts, außen oder innen, spielt alles keine Rolle, alles ein Einheitsbrei. (Schon sind wir beim leidigen Schmerzbericht…) Der eine Teil vom Oberkiefer schmerzt heute dementsprechend. Auch bestätigt mein Körper mit unmissverständlichen Signalen das, was im MRT diagnostiziert wurde. Der Schaden an der Brustwirbelsäule schimpft. Und ich zu „faul“ (?), die Übungen am Boden zu machen.

Während Domian ein junges Mädchen „betreute“, die ihrerseits vom dramatischen Tod ihrer Mutter erzählt hatte, im Posteingang eine Nachricht von Mieke lag, in der sie vom gestrigen Beten für unsere Arbeitskollegin berichtet, brach ich in Tränen aus. Das kleine Kind…

Der Moment des Mitgefühls ist nur von kurzer Dauer. Schon schaue ich sie mir genauer an und ich finde sie abartig. Ekelhaft. Abstoßend. Dreckig. Sie würde mir leid tun, wäre sie nicht ich.

Ein vernichtendes Urteil.

Ehe Sebastian nachhause kommt, noch ein paar Runden ums Haus gehen und anschließend vor dem Essen erneut im Wohnzimmer saugen. Der ganze Dreck auf dem Boden, der nur darauf zu warten scheint, dass ich Platz für ihn geschaffen habe… Ich bin ein Betätigungsfeld so manch einer Neurose, und aktuell werden es zusehends mehr… Kann nur hoffen, nun gehen zu dürfen. So etwas passiert und er nicht kommt, habe ich einfach Pech…

17:10

EINE POPLIGE RUNDE!!!

Seit einer Ewigkeit steigt die Urinmenge im Sack nicht mehr. Gestern dasselbe Phänomen beobachtet, obwohl der nachts geleerte Beutel morgens zum Bersten gefüllt war. Kein Risiko eingehen… Weitere 20 Milligramm Furosemid. Und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich eigentlich nur eine Halbe schlucken wollte. „Eigentlich“…

Ich hätte früher meckern sollen: Das Paket vom Orthopädieladen kam heute endlich. Nach viel zu viel Zeit auf der Couch (sogar so viel zu viel, dass ich nach einer kleinen Portion Nudeln und zum Nachtisch einem kleinen Becher Joghurt wie ein Mastschwein auch noch eineinhalb von diesen riesigen „Schweden-Weihnachtskeksen“ essen musste. Mich nicht ertragen und kaum war Sebastian zuhause, ging es wieder mit der lauten Selbstbeschimpfung los. Meine Geduld am Ende ODER tue ich das nur, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten? Damit er mich ständig vom Gegenteil überzeugt? Wie schlecht bin ich eigentlich?

Nach dem wahrlich gebissfreundlichen Mahl schmerzte die Stelle an meinen Zähnen noch mehr und ich bat ihn, eine der Deflamat-Kapseln zu öffnen, damit ich die Dosis halbieren konnte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Grund für meinen katastrophalen Zustand sein soll. Kaum saß ich auf dem neuen Sitzkissen, machte meine Brustwirbelsäule noch mehr Radau. Die Rückenlehne ohnehin angesichts dieser neuen Höhe viel zu weit unten montiert. Zur neuen Unterlage kann ich noch nichts sagen. Herr und Frau Ischias begutachteten mürrisch die neue Situation. Aber die Hand gelähmt, wie bereits am Vortag. Nach 30 Minuten Probesitzen den Entschluss gefasst, rauszugehen. Mich beim 1. Hadsch ums Haus durchaus gefragt, wie ich es noch vor 2 Jahren den ganzen Tag draußen auf der Terrasse aushalten konnte. Weil ich die Mittagshitze vom Laufen noch gewöhnt war?

Das „Laufen“… In den 15 Minuten donnerte laut meine Musik aus den Boxen. Sevendust, Disturbed… Tut es nicht mehr so weh? Stellt sich Gleichgültigkeit ein? Bei jedem Beat spürte ich das Echo in jedem verkümmerten Muskel meiner Beine. Ich bin bei 2010, meinem Laufjahr, mit eben dieser Stilrichtung, dieser Sorte Heavy Metal. In den makellosen Himmel starren… Ich will mein Leben zurück…

Ein weiterer Gedanke wurde unverzüglich abgemahnt. „Der Harnwegsinfekt scheint sich gut mit den Preiselbeerprodukten zurückgebildet zu haben, der Inhalt vom Schlauch sieht klar aus.“. WIE konnte ich nur!! Bereits vormittags diesen Blutklumpen entdeckt, der allmählich Opfer der Erdanziehung wurde. Jetzt steckt er in diesem Spezialventil, welches verhindern soll, dass Urin zurück in meine Blase läuft.

Ein Vogel in der Jungbirke links von mir erregt meine Aufmerksamkeit. Mal etwas anderes als Meise & Co.? Ich würde sagen: Zilpzalp… Eine Wespe schwirrt vor meinem Gesicht herum und der Schmerz rechts im Gesäß löst weitere Krämpfe aus. Nach dem nicht stattgefundenen Mittagsschläfchen hatten eben solche mich bereits hoch gescheucht und ich Magnesium geschluckt. Weiter geht die Parade… Wollte ich doch eigentlich zu meinen Naturbeobachtungen noch von Sebastians blindem Passagier berichten, welcher heute in aller Frühe am Heck des Autos hing. Eine Fledermaus! „Was hast du gemacht? Bei denen würde selbst ich aufpassen, zwecks Tollwut.“. Er lachte verschmitzt: „Ich bin einfach losgefahren und dann ist sie ins Carport geflogen.“. „Du hättest den Scheibenwischer anmachen sollen…“, fügte ich noch schelmisch hinzu. Mich zugleich darüber freuend, die nächtlichen Flieger so dicht am Haus zu haben. Um welche Art es sich handelt, konnte ich bis dato nicht bestimmen… und jetzt hat es sich auch definitiv „Ausgesessen“, ich kann nicht mehr, der Schmerz treibt mich Kontraktion für Kontraktion immer mehr in den Wahnsinn! Abschließend vielleicht noch diese eine Sache, die ich mittags vergessen hatte: Beim Malen ein Anfall, inklusive wenige Sekunden langem Wegtreten. Kann man einen epileptischen Anfall, einen kleinen Anfall aktiv mit Gedanken verkürzen? Denn dies schien mir gelungen zu sein. Nur gegen die „Myoklonie“ war ich machtlos… Wie auch gegen die beschissenen Neuropathien. Meine 2. Hausrunde zuvor sah noch katastrophaler aus, aber zumindest kann ich das versuchen…

19:14

Eine weitere Hausrunde. Nach der Hälfte auf der Terrasse auf den Holzstuhl gesunken (plumpsen lassen), es hat weiter gekrampft, ich die Hühner mit gammligen Himbeeren gefüttert und das rechte Bein vermöbelt. Von oben: „Was tust du da??“. „Hörst du das nicht?“. Mein Bein in den Startlöchern, machte „Brumm brumm brumm…“. „Und genau DAS treibe ich ihm soeben aus!“. Die ersten Stechmücken, zurück geschlurft, der Duft nach Nadelwald erinnerte mich an das abendliche Skaten mit meiner besten Freundin, zumindest die Kamera geschnappt, ins Haus, ihn runter gebeten und während er meinen restlichen Kram von draußen holte, mich zuvor noch von ihm auf den Boden legen lassen, um äußerst desillusioniert diese eine Übung zu machen… Zu versuchen trifft es besser! Versagt!! Auch eine weitere Überlegung versetzte mich in Angst und Schrecken: Doch noch einmal zur Reha fahren, dort Menschen kennenlernen, diese erwarten dann von mir, dass ich mit ihnen in Kontakt bleibe, aber ich KANN DAS DOCH NICHT, und ich werde WAHNSINNIG VOR SCHULD… AAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!

…Herzrasen…

Selbst das schwindende Licht… Ich dachte weiter… Sah das prächtige Grün, dachte daran, dass es sterben würde, an all die dunklen Monate ohne Vegetation… PAAAANIIIIK!!!

Ganz schön gestört, wie? Kein Wunder, dass ich im Vergleich zu noch vor einigen Tagen nicht mehr tippen kann (weil ich das Programm an dem neuen Kasten wieder ganz von vorne trainieren muss und es beim anderen ja auch nur LÄPPISCHE JAHRE gedauert hat, ehe es so funktioniert hat wie aktuell), ich nicht mehr gehen kann, wie vor wenigen Tagen… Ich GAR NICHTS MEHR KANN???!!!

Mir bleibt die Luft weg.

2 Stunden und 15 Minuten. Vor mir tut sich ein Jammertal auf…

Los! Schlitz dich auf!

Nicht so jämmerlich wie die 20 gestern…

10. September 2016, Samstag 18:53

Sonnenuntergang…

Gebetsmühlenartig den einen Satz wiederholen, still und leise für mich ganz allein in meinem Kopf: „Zumindest kann ich heute gut gehen!“. „Zumindest“… Froh sein, noch zu leben? Markus gestern von meinem Selbstmordversuch erzählt. Mich gestern bei meiner Chefin dafür entschuldigt, ihr gegenüber etwa 2 Tage davor meinen Suizid angekündigt zu haben. Der Tag stirbt. Es gäbe noch viel zu sagen, Entscheidendes, aber auf mich wartet noch Arbeit. Insoweit musste ich gerade eben die Arbeit am Bild nach einer Stunde und 5 Minuten abbrechen. Vielleicht später, eventuell noch später, obwohl ich im öffentlichen Tagebuch das meiste davon ohnehin aussparen muss. Solange ich noch sitzen darf, die Speisepläne diktieren… Und gegen den heute nicht zum ersten Mal kollabierenden Blutzucker ein paar Nüsse. Was ich hingegen gegen die ebenfalls erneute Panikattacke zu tun gedenke, steht noch in den Sternen. Ablenkung muss vorerst reichen…

19:44

Die Panik persistiert, hartnäckig und die Nacht hat den Kampf längst gewonnen, der Schmerz im Gesäß jenen über meine Ausdauer am Tisch. Morgens 55,3 um 9:30. Im Badezimmerspiegel die Visage eines Säufers! Das rechte Bein dezent breiter als sein Kollege. Es nicht sein lassen können… Vor etwa 2 Stunden oder mehr ein ganzes Furosemid eingeworfen. Aber die heute gekauften Nüsse scheinen ein Gleichgewicht herzustellen. Bereits beim Frühstück hätte ich den Spuckeimer benötigt. Und wieder bin ich förmlich zugepflastert bis unters Dach, obwohl ich die Abenddosis noch nicht genommen habe.

Was mich die letzten Tage umgetrieben hat… Sobald ich mich auf dem Sofa sitzend nach vorne gebeugt habe, nahm ich einen penetranten Kellergeruch war. Ich hätte schwören können, unterm Sofa stinkt es nach Schimmelpilz! Insofern Sebastian genötigt, gleich nach dem Frühstück (ich konnte die Wochenshow nicht einmal richtig genießen in meinem Ausnahmezustand, ganz zu schweigen davon, Sebastian und seine Fröhlichkeit auszuhalten) die Couchlandschaft nach vorne zu ziehen und nachzusehen. Bei der Gelegenheit entfernte er auch den ganzen Schmutz und Staub darunter, auch drückte ich ihm eine Tube mit weißer Acrylfarbe in die Hand, mit welcher er die hässlichen Flecken auf der weißen Wand ausbessern musste. Angeblich sei da nichts gewesen. Zum Glück? Der Gestank blieb und je länger ich mich darauf konzentrierte, desto intensiver wurde er. Meine Nase in alle Einzelteile gepresst, aber weder das Möbelstück noch die Kissen riechen unangenehm und es bleibt unklar, wo der Gestank herrührt.

Gestern blieb ich so lange draußen, bis mich die Stechmücken zum „Candle Light Dinner“ baten. Und das Telefon klingelte. Am anderen Ende Mieke: „Ist Teatime?“. Natürlich! Sie kam 20 Minuten später, auf dem Sofa Platz genommen tratschten wir bis um 10. Es ist regelmäßig eine Wonne, sich mit ihr zu unterhalten.

[…] Und ich davon, dass sich mein Psychoanalytiker unverhoffterweise wieder gemeldet hätte. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass in meiner Kindheit mehr passiert sein muss! Klar, meine Mutter wohnt zwischen meinen Beinen, warum auch immer. Aber da gibt es noch mehr, alte, faltige Männerhände!…“. Zeigte ihr die bearbeiteten Rorschachtests. […]

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Was sagt mir das? Kann Brigitte das übersehen? Nicht ernst nehmen? Oder hat der unverhoffte Kontakt mit Markus Unfrieden in meine bestehende Therapie gebracht? Ganz abgesehen davon, dass er das mit der Epilepsie nicht wahrhaben wollte und sich in wenigen Zeilen seinerseits herauskristallisierte, dass er davon eigentlich überhaupt keine Ahnung hat. Und ich verständlicherweise misstrauisch bin.

Mir einen aufschlussreichen Traum erwartet, aber dieser blieb aus.

Nachmittags, ich hatte gerade eben erst 10 Minuten gemalt und mein Hintern wollte mich umbringen, fuhren wir zum Einkaufen. Bereits vormittags hatte ich die meiste Zeit stehend verbracht, während er sich von links nach rechts scheuchen ließ. Und mich dabei nicht einmal am Rollator festgehalten. Das allein immer wieder wohlwollend anerkannt. Und dann im Supermarkt KEINE Abkürzungen! So gut wie alle Regale abgeklappert und ganz sicher MINDESTENS eine halbe Stunde unterwegs gewesen. Ohne Probleme. Ohne gravierende Lähmung oder plötzlicher/anschließender Schwäche. Und dabei verleitet, in die Depression zu rutschen, als ich die große Schar Krähen am Himmel kreisen sah, über meinen alten Laufstrecken… Jenen, auf denen ich zu dieser Zeit ihre Federn eingesammelt habe…

Nach einer kurzen hitzigen Diskussion mit ihm sah ich mich verleitet, mich aufzuschlitzen. Doch als er eine Viertelstunde später von oben runter kam, gab er sich sehr vorsichtig und lieb. Wie gewöhnlich, wenn irgendeine Art Spannung entstanden ist. Ich habe es nicht getan. Das wäre ihm gegenüber nicht fair, auch wenn ich als Begründung andere Umstände angeben könnte. Zumindest was die Beweglichkeit betrifft, war es ein guter Tag. Ganz abgesehen von den Schmerzen im linken Fußgewölbe… WANN rufe ich ENDLICH beim Orthopäden an?! Ganz abgesehen vom Ischias. Und anderen Nebensächlichkeiten… Morgens direkt nach dem Aufstehen noch im Badezimmer konnte ich beim Drehen vom Kopf Sand im Getriebe hören. Also nun ganz ohne Übertreibung: In meiner Halswirbelsäule knirschte es! Ganz abgesehen davon, dass alles verspannt war. Seit der letzten Physiotherapie oder seit dieser eben ein wenig schlimmer? Sobald ich den Kopf senke, mit Blick nach links, schießt eine Neuropathie ins Bein hinein, von oben nach unten, verbunden mit Schwindel. Das kennen wir doch irgendwoher… 2014 vor der Reha? Und mir dann immer anhören müssen: „Das kommt alles von der MS! Heißt ja nicht umsonst, dass es die Krankheit mit den 1000 Gesichtern ist!“. So ein Schwachsinn! Das sind Abnutzungen, die Bandscheiben zwischen den einzelnen Wirbeln!! Nicht umsonst hatte sich dieser Spuk nach einer „chiropraktischen Behandlung“ durch einen Physiotherapeuten in Bad Radkersburg verabschiedet! Als ich auf der Therapieliege ausgestreckt lag, er meine Beine nahm und ganz kurz ruckartig daran zog!

Das Pochen im Gesäß nimmt zu. Die Kopfschmerzen nehmen wieder zu. Abschließen… Mit einer kleinen Hoffnung: Heute schlafen zu dürfen. Ohne Krämpfe. Denn nachts wieder keine Ruhe gefunden, kaum hingesetzt mit Brötchen und Tee Krämpfe. Und gestern noch sonst was konsumiert… Aber nichts wirkte.

8. September 2016, Donnerstag 18:40

Ein Rückblick in den Vormittag…

Regina hat geputzt, Sonja kam zur Therapie und zeigte mir neue Übungen. Auch Dehnungsübungen waren darunter. „Du musst es ausprobieren. Es kann gut sein, kann sich aber auch negativ auf den Ischias auswirken.“. Als sie ging, korrigierte sie noch meine Haltung am Rollator. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, ich machte ganz laut meine Laufmusik an, Bauch rein, Brust raus und ging so unendliche Runden im Flur auf und ab. „Du bist kein Borderliner, du bist eine Multiple Persönlichkeit!“, Markus gestern ganz rigoros.

Was bin ich?… Ging auf und ab und auf und ab. Jedes Mal wenn ich am großen Flurspiegel vorbei kam und es wagte, mich selbst zu betrachten…

Du selbstverliebtes Stück Scheiße!!

Noch erkannte ich mein Gesicht. Markus hatte gesagt, hätte ich mich tatsächlich umgebracht, hätte wiederum Sebastian auf einem Millionenfundus gesessen. Ich betrachtete meine Bilder. Sind sie gut oder sind sie schlecht?

Egozentrische Schlampe!!

Im Wohnzimmer donnerte aus den Boxen weiterhin meine Musik. Alles Titel, die ich 2010 für meine persönliche Höchstleistung zu nutzen wusste…

Und es schmerzte tief in der Brust, ich sah meine Laufbilder, dachte an 2010, an den Sommer, als ich rannte und rannte und die 4000 Jahreskilometer immer greifbarer wurden, endlich abgenommen habe, zum Muskelpaket mutierte, man endlich meinem Körper die tägliche Leistung ablesen konnte…

laufen

Irgendwo in einem Hinterstübchen meines Schädels ganz klein und leise und vorsichtig, aber nicht minder ausdauernd die Vorstellung, irgendwann wieder laufen zu können… Wie lächerlich bin ich?

Im Laufe des Tages (so läuft wenigstens einer von uns) kristallisierte sich mehr und mehr die beginnende Herbstdepression heraus. „Eine andere Patientin hat gestern zu mir gesagt, sie würde den Herbst schon spüren. Die Herbstdepression. Aber es ist doch noch kein Herbst, oder?!“, Sonja eingangs. „Doch, der Herbst ist schon zu bemerken! Seit Wochen! Seit die ersten dunklen Tage Einzug gehalten haben, seit die ersten Blätter fallen…“. Das Fundament für eine neue, eine weitere Angst. Der Herbst bedeutet die beste Zeit des Jahres zum Laufen. Der Herbst bedeutet Ausritte mit Kolga. Lange Spaziergänge, Streifzüge mit der Kamera durch den Wald. Bedeutet Geburtstag, bedeutet ein weiteres Jahr am Leben und die Tode anderer rücken näher…

Nach dem Mittagessen klingelte das Telefon. Erneut war es Markus und wir sprachen erneut eineinhalb Stunden miteinander. Hatte mich währenddessen an den Tisch gesetzt, Sebastian mich eingeschmiert, ich die Farben abgedeckt und bereits 10 Minuten gemalt… Als der Schmerz mit voller Wucht zuschlug. Den Rest des Gesprächs stand ich vor dem Arbeitsplatz, die Beine krampften der Schmerzreize wegen und auch jetzt dasselbe Dilemma auf dem Sofa.

Bei dem Gedanken, meine Gedanken noch einmal zum Zwecke der Korrektur durchlesen zu müssen, ereilt mich die nächste Panikattacke, der Schmerz schießt in die rechte Kniekehle und es krampft. Zudem stellen sich Kopfschmerzen ein.

19:21

Ins Badezimmer gefahren und aus der Wanne heraus hat er mich erneut mit Diana-Balsam eingekleistert. Am Ende. Allem Anschein nach war irgendeine der Übungen heute kontraproduktiv. Und ich habe wieder nichts geschafft, es zum Diktieren nicht nach draußen geschafft, ein weiterer Tag vergeudet, vernichtet und die sich in mir ausbreitende Schwere drückt und drückt und drückt.

Bilanz für heute: eine Stunde und 37 Minuten. Das Urteil, welches nun von mir über mich selbst gefällt wird, ist vernichtend. „Aber du hast ja den Test gemacht und der sprach eindeutig für eine dissoziative Identitätsstörung!“, betonte er zuvor. Und ich: „Aber das meiste, was ich in dem Test in dem Glauben, Dissoziationen zu haben, ausfüllte, stellt sich nun eben als Epilepsie dar. Wie kann dann der Test eindeutig sein?“. Er beharrte weiter auf seiner Diagnose.

Der Abend kommt, kühle Luft kriecht in den immer dunkler werdenden Raum. Mein Rücken schmerzt. Vom aufrechten Gehen? Nachmittags ein weiterer Kollaps. Auch ohne Entwässerungstabletten oder Praxiten, was ich mir beides verboten habe. Der Zustand schlimm genug, muss nicht noch künstlich von außen verstärkt werden. Habe ich mir zumindest gedacht und Sebastian gebeten morgens die Halbe von den Benzos wegzuwerfen. Der Abend gestern hatte mir gereicht.

19:37

Der Tag verabschiedet sich, ich sehe mich hinter der Garage sitzen und weinen. Weil in meinem Kopfkino vor der Nacht meine Mutter stirbt und ich in dieser ganz allein sein werde… Ich mich umbringen muss, umbringen lassen muss, um den Schmerzen der Seele zu entfliehen…

Sagt mir dergleichen eine andere Person, kann ich die Anzeichen lesen, aber nicht, wenn es um mich selbst geht. Meine Worte haben keine Aussagekraft, meine Worte leer und gelogen und übertrieben. „Da hat definitiv ein Missbrauch stattgefunden!!“, die felsenfeste Meinung meines ehemaligen Psychoanalytikers. Ich weiß nichts, weiß von nichts und meinen Gefühlen darf ich nicht trauen. Wie meine Mutter auf der Jagd nach Mitleid?

Doch kaum ist das ausgesprochen, muss ich an das Mittagessen denken. Sie hat sich an meinem vegetarischen Kochbuch versucht, ein Rezept erwischt, welches ich selbst längst nicht mehr gekocht hatte. Weil es nicht schmeckte. An die 2 Stücke Torte, „Falls es euch doch nicht mundet…“, die ich ebenfalls nicht lecker fand… Und derlei Bewertung meinerseits erscheint ganz plötzlich UNGEHÖRIG. Als würde ich sie damit UMBRINGEN. Regelrecht ABSCHLACHTEN.

Während er noch hinten in der Badewanne liegt, versteht mich das Programm nicht länger, weil ich wie in meinem Buch beschrieben, welches ich soeben lese, eine „Regression“ erlebe, zum kleinen Mädchen mit vielleicht 7 Jahren hinter der Garage schrumpfe, voller Ängste und damit völlig allein. In Tränen aufgelöst. Und den drohenden Tod der anderen mit dem eigenen abwehren möchte…

Wie viele Nächte?! Wie viele Tode?! Ich kann nicht mehr…

7. September 2016, Mittwoch 15:54

Beinahe eingeschlafen. Sekundenschlaf. Klartraumtechnik. Zumindest versucht bewusst zu beeinflussen, in welche Richtung es gehen sollte. Aber stattdessen wach. Depressiv. Herbst eben. Emotional einmal auf den Kopf gestellt. Doch Borderliner. Unterschwellig aggressiv. Domian und sein teilweise infantiles Gesabbel („Das habe ich ja noch NIE gehört, dass ein Kind von Geburt an HIV-positiv sein kann! Das glaube ich nicht.“) nicht mehr ausgehalten. Eine neue Musikliste zusammengestellt. Musik aus besseren Zeiten. Frustration. Ein Hydal zusätzlich intus, doch die Schmerzen beim Sitzen zeigen sich ungerührt. Sebastian beim 1000sten Einschmieren am Ächzen: „Ich bin nicht wegen dem hier entnervt, mich nervt, dass dir keiner hilft!!“. Dazu dieser Lichteinfall… ich will mein Leben zurück!! Will mich jetzt umziehen, dehnen, loslaufen!!!! Stundenlang!!!!!!

Stattdessen Rollstuhl, jedes Einzelteil am Körper stöhnt vor Überdruss, die Hände, die Beine, alles spastisch zementiert. Ich will nicht mehr…

16:59
Kollabieren…

18:36
Ich glaub es nicht!!! Gibt es Zufälle oder kann ich hellsehen? Nur so nebenbei: Die Benzos lullen mich kräftig ein. Mir ist schlecht, schwindelig und der Kopf voll Watte. Ohnehin unfähig, weiter zu malen. Ich muss nun zwingend festhalten, was soeben geschehen ist. Schlafe ich? Träume ich? Oder halluziniere ich gar??

19:06

Mir Kakao gemacht und gleichzeitig einen Eimer organisiert; mir hängt die Kotze im Hals! Immer noch am Kollabieren? Wegen der Entwässerungstablette heute Morgen? Oder dem halben Praxiten? Die andere Hälfte wegschmeißen, ich packe das Zeug nicht!

Der Reihe nach, was passiert ist: Sebastian kam nachhause und wiederholte die Aussage der Apothekerin zu meinem Problem mit dem Nagel. Sie hat gesagt, wenn es nach einer Woche nicht besser wird, sollte man bereits zum Arzt und würde dafür sprechen, dass sich die Angelegenheit bereits chronifiziert haben könnte. Demnach griff ich zum Telefon und wählte die Nummer vom Roten Kreuz, um mir für Freitag einen Krankentransport in die chirurgische Ambulanz in Feldbach zu bestellen. Ich suchte in der Anrufliste und überflog Markus‘ Eintrag, mir selbst die Frage stellend, ob ich ihn nicht löschen sollte, der würde sich ohnehin nie wieder melden… oder? Ich telefonierte also mit einer netten Dame, gab meine Daten durch, legte auf und steckte das Telefon zurück in die Bauchtasche, die ich um die Brust geschnallt zu tragen pflege. Wenige Minuten später klingelte es und ich dachte schon, das würde sicher wieder dieser Umfragescheiß sein, holte es heraus und kapierte im 1. Moment nicht, was ich da auf dem Display lesen konnte: „Psy. Markus“. Kurz habe ich gehadert, ob ich tatsächlich abheben sollte, und mich schlussendlich doch dafür entschieden. Tatsächlich!! Das war er!! Seit beinahe 3 Jahren zum ersten Mal wieder seine Stimme hören!

Natürlich fragte ich ihn, wie es ihm denn in den letzten Jahren ergangen sei. Und da es kein Therapiegespräch war, erzählte er mir die ganze Odyssee, die er durchlebt hat. [ …] Natürlich kamen wir auch auf mich zu sprechen. Er meinte, die Epilepsiediagnose wäre Unfug, ebenso jene mit der Borderlinestörung..

Ich kann nicht alles wiedergeben, was besprochen wurde. Eine gewisse Grundskepsis blieb. Aber insgesamt über 90 Minuten telefoniert, am Bild lediglich 18 Minuten zusätzlich geschafft.

Der Schmerz im Gesäß treibt mir erst recht den kläglichen Mageninhalt hoch. Zu wenig Pulver im Kakao. Das Kissen erneut wechseln. Auch muss ich bemerken, augenblicklich noch unruhiger und aggressiver zu werden.

6. September 2016, Dienstag 17:52

Soeben wieder einmal Opfer von Internet-Kriminalität geworden; mein Onlinebanking würde ablaufen und ich müsse es neu bestätigen. Diese Saftsäcke bekommen es nicht einmal hin, diesen kurzen Text fehlerfrei aufzusetzen! Und nicht mal „gegendert“!!! Also nein, mit diesen Fehlern „möchte ich ohnehin nicht länger Kunde dieser Bank sein“!

Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit und Übelkeit. Als würden sich heute die gestrigen Exzesse rächen. Mich nachmittags ins Bett gelegt, aber lediglich nicht mehr als eine halbe Stunde Schlaf geschafft, schon krampfte es wieder. Und das, obwohl ich davor noch extra 1,3 Hydal genommen hatte. Nach dem Aufstehen ins Badezimmer getorkelt, den Kopf unter eiskaltes Wasser gehalten. Erfrischt fühle ich mich nicht. Vormittags 2 Stunden geschafft, um mich anschließend mit der Videoaufnahme abzumildern… Bei Korrektur dieses letzten „Verständnisfehlers“ schmiert das Programm einfach ab. Ich sagte: Um mich abschließend mit der Videoaufnahme abzumühen. Entweder stellte ich mir selbst ein Bein nach dem anderen, in dem ich mich versprach, oder wurde anderweitig sabotiert… und Flugzeugen, Autos, der Katze, die hinter der Kamera saß, vor der Terrassentür und in einem fort jaulte, und abschließend noch vom Kühlschrank. Das ganze gerade eben noch einmal mehrmals wiederholt. Je häufiger ich ein und denselben Kauderwelsch von mir gab, desto schneller wurde ich dabei und so kann man letztendlich auch Zeit sparen, die Aufnahme verkürzen. Die Sonne kommt gerade eben raus. Den ganzen Tag über Regen, Wolken und Wind. Herbst eben. Wurde das Gefühl nicht los, dass auch das ein Grund für meine desolate Verfassung sein könnte. In Winterschlaf verfallen… Das Programm kackt zum zweiten Mal ab.

Morgens 54,8 um 7. Erneut nur einen Stützstrumpf tragen können. Ich brauche unbedingt etwas aus der Apotheke. Betaseidona-Bad oder Ähnliches. Die Entzündung nervt und zehrt zusätzlich an meinen Nerven. Auch verkrampfen soeben beide Hände. Der Hintern tut wie gewohnt weh. Und als gäbe es keine Vernunft, werde ich nun auch noch verspätet Entwässerungstabletten einwerfen. Zusätzlich zu Darmschmeichler und Magnesiumpräparat. Ich hab’s ja… Wann machen mich all diese Medikamente kaputt? Die rechte Hand verkrampft sich immer weiter, als ich damit versuche, 2 Säckchen Molaxole zu trennen. Währenddessen hänge ich in Erinnerungen fest. Nachts von Hauptschule und Gymnasium geträumt. Irgendetwas ganz Absurdes.

Mit einem Strohhalm die Pampe umrühren, während meine Linke zu einer Faust alla Schlaganfall verkommt. Sebastian sollte/wollte mir noch eine Portion Diana zukommen lassen, bevor er noch einmal zu meinen Eltern fährt. Mein Vater feiert heute mit den Nachbarn seinen Geburtstag und er bekommt noch etwas zu essen. Aber wir beide haben es vergessen. Nun stiefeln die Hühner über die Terrasse, das Küken wird zum Teenager, sieht unförmig aus, mit seinem Kindergesicht, dem Kindergefieder und dazu viel zu langen und wuchtigen Beinen. Ein kleiner Vogelstrauß?

Gestern bei den 1. Versuchen für die Aufnahme immer wieder vom Preiselbeersaft geschwafelt, und dabei den ganzen Tag über keinen getrunken. Das hatte Folgen, die wiederum dessen Wirksamkeit bestätigen konnten. Ich wachte um 2 auf, mit einem äußerst unangenehmen Harndrang. Spätestens um 3 griff ich nach dem Lichtschalter, Sebastian ächzte einmal: „Was ist denn jetzt schon wieder?…“, ich tat ihm kund, dass ich aufs Klo gehen möchte, er warf einen gekonnten Blick auf meinen Schlauch und entdeckte dort einen Knick, beinahe schon Knoten und kaum war dieser gelöst, konnte man es unterm Bett plätschern hören, Erleichterung stellte sich ein. Aber nicht für lange, denn es sollten noch häufiger Blasenkrämpfe auftreten. Nachts, den ganzen Tag über immer wieder mal. Mir ein großes Glas mit Saft zubereitet. Mein Tagespensum. Und in der Tat musste ich heute mindestens doppelt so viele Schwebestoffe in meinem Urin im Schlauch registrieren als gestern noch. Immer wieder das Gefühl, mich anzupinkeln. Ganz zu schweigen von der äußerst penetranten Neuropathie in beiden Händen dabei.

Und mittlerweile ist es 18:47, der Tag verlässt die Bühne, das Licht schwindet. Ich wollte und müsste doch noch arbeiten. Doch wie eine Attacke ergreift beim Betrachten der gelben Blätter in den Jungbirken die Verlustangst von mir Besitz, ich sehe meine Eltern sterben, sehe Sebastian sterben, die Welt um mich herum in sich zusammenfallen. Wie viele Jahre bleiben noch? Oder Monate oder Tage? Das Tramal setzt ein. Doch statt Körperfunktionen ernte ich noch mehr Schläfrigkeit. Ich könnte auch einen Kakao machen und das neue Material bearbeiten, zurecht schneiden und einfügen. Auch könnte ich jetzt stante pede in Tränen ausbrechen, wie das kleine Kind vor 30 Jahren im Abendrot hinter der Garage. Keinerlei Fortschritt oder Entwicklung. Was bin ich nur für ein jämmerlicher Krümel… Zur Tat schreiten, um mich abzulenken. Im besten Fall geht es in der neuen Folge von Domian nicht wieder um todkranke oder verstorbene Angehörige! Natürlich könnte ich auch wieder Musik, aber diese würde mich vermutlich in ähnlicher Qualität aufwühlen… Ich höre es meinem rechten Ohr krachen. Wie vor einem Jahr bei diesem gigantischen Schub, als Konsequenz meines Suizidversuches… Was habe ich ihm nur zugemutet? Ihn traumatisiert? Was all jenen angetan, die meine Ankündigung gelesen haben?…

20:18

Meine Güte! DOMIAN!! Du willst Atheist sein?! In der Folge von 2010 ruft eine in Deutschland geborene, türkischstämmige junge Frau an und erzählt von ihrem Trauma. Sie selbst kann mit Religion und erst recht mit Islam nichts anfangen. „Meine Religion sind Medizin und Wissenschaft!“, eingangs ihre Aussage, die sie mir gleich ganz sympathisch gemacht hat. Und dann erzählt sie vom plötzlichen Tod ihrer Mutter und dem, wozu sie von Verwandten gezwungen wurde und dass niemand von dieser Prozedur wüsste. Die Frau, mit der sie in irgendeinem Mietshaus im Keller war, Zitat „faselte irgendwelche Verse aus dem Koran“ und zwang sie, ihre tote Mutter zu waschen und der Leiche irgendwelche Tücher in alle Körperöffnungen zu stopfen. Am liebsten wäre sie weggelaufen, aber man hatte ihr angedroht, alle Knochen zu brechen. Ich bezweifle kein einziges Detail von dem, was sie berichtet hat. Doch Domian ständig damit beschäftigt, sie einzubremsen, sagte mehrmals: „Das lassen wir jetzt einfach mal SO im Raum stehen…“, oder: „Das ist jetzt keine objektive Erzählung, sondern nur eine ganz subjektive…“, usw. „Ich bin ja gespannt, was wir in den nächsten Tagen dazu für Anrufe von Muslimen bekommen, was die dazu sagen…“. Ich fand es ekelhaft, wie er sich zwanghaft angebiedert hat! Aber sonst glaubt er jeden 2. Paranormal-Scheiß! Bin wieder mal ordnungsgemäß entsetzt!

Ich kam zu einer weiteren Stunde, doch mein Hintern bringt mich mittlerweile wieder um! Und erst recht dieses mannigfaltige Spektrum von Symptomen, mit denen ich mich seit einigen Stunden herumschlagen darf: das Knacken und Rauschen in meinem Ohr nimmt immer mehr zu, die Frequenz steigt, ich werde immer schlapper, die Augen ganz klein, die Sicht verschwommen, die Hände spastisch deformiert, der Geist weggetreten, als hätte ich gerade eben erst eine vierfache Dosis Tramal konsumiert und alles erinnert verdammt an jenen Schub!! Auch das Gefühl, als hätte ich Fieber, Schweißausbrüche, doch das Thermometer berichtet von normalen Werten. Was soll diese Kacke schon wieder? Und eine Explosion nach der anderen in meinem Schädel.

Die Bilanz: insgesamt 3 Stunden, 554:16.

Ein weiterer Schweißausbruch. Ich breche zusammen…