7. September 2016, Mittwoch 15:54

Beinahe eingeschlafen. Sekundenschlaf. Klartraumtechnik. Zumindest versucht bewusst zu beeinflussen, in welche Richtung es gehen sollte. Aber stattdessen wach. Depressiv. Herbst eben. Emotional einmal auf den Kopf gestellt. Doch Borderliner. Unterschwellig aggressiv. Domian und sein teilweise infantiles Gesabbel („Das habe ich ja noch NIE gehört, dass ein Kind von Geburt an HIV-positiv sein kann! Das glaube ich nicht.“) nicht mehr ausgehalten. Eine neue Musikliste zusammengestellt. Musik aus besseren Zeiten. Frustration. Ein Hydal zusätzlich intus, doch die Schmerzen beim Sitzen zeigen sich ungerührt. Sebastian beim 1000sten Einschmieren am Ächzen: „Ich bin nicht wegen dem hier entnervt, mich nervt, dass dir keiner hilft!!“. Dazu dieser Lichteinfall… ich will mein Leben zurück!! Will mich jetzt umziehen, dehnen, loslaufen!!!! Stundenlang!!!!!!

Stattdessen Rollstuhl, jedes Einzelteil am Körper stöhnt vor Überdruss, die Hände, die Beine, alles spastisch zementiert. Ich will nicht mehr…

16:59
Kollabieren…

18:36
Ich glaub es nicht!!! Gibt es Zufälle oder kann ich hellsehen? Nur so nebenbei: Die Benzos lullen mich kräftig ein. Mir ist schlecht, schwindelig und der Kopf voll Watte. Ohnehin unfähig, weiter zu malen. Ich muss nun zwingend festhalten, was soeben geschehen ist. Schlafe ich? Träume ich? Oder halluziniere ich gar??

19:06

Mir Kakao gemacht und gleichzeitig einen Eimer organisiert; mir hängt die Kotze im Hals! Immer noch am Kollabieren? Wegen der Entwässerungstablette heute Morgen? Oder dem halben Praxiten? Die andere Hälfte wegschmeißen, ich packe das Zeug nicht!

Der Reihe nach, was passiert ist: Sebastian kam nachhause und wiederholte die Aussage der Apothekerin zu meinem Problem mit dem Nagel. Sie hat gesagt, wenn es nach einer Woche nicht besser wird, sollte man bereits zum Arzt und würde dafür sprechen, dass sich die Angelegenheit bereits chronifiziert haben könnte. Demnach griff ich zum Telefon und wählte die Nummer vom Roten Kreuz, um mir für Freitag einen Krankentransport in die chirurgische Ambulanz in Feldbach zu bestellen. Ich suchte in der Anrufliste und überflog Markus‘ Eintrag, mir selbst die Frage stellend, ob ich ihn nicht löschen sollte, der würde sich ohnehin nie wieder melden… oder? Ich telefonierte also mit einer netten Dame, gab meine Daten durch, legte auf und steckte das Telefon zurück in die Bauchtasche, die ich um die Brust geschnallt zu tragen pflege. Wenige Minuten später klingelte es und ich dachte schon, das würde sicher wieder dieser Umfragescheiß sein, holte es heraus und kapierte im 1. Moment nicht, was ich da auf dem Display lesen konnte: „Psy. Markus“. Kurz habe ich gehadert, ob ich tatsächlich abheben sollte, und mich schlussendlich doch dafür entschieden. Tatsächlich!! Das war er!! Seit beinahe 3 Jahren zum ersten Mal wieder seine Stimme hören!

Natürlich fragte ich ihn, wie es ihm denn in den letzten Jahren ergangen sei. Und da es kein Therapiegespräch war, erzählte er mir die ganze Odyssee, die er durchlebt hat. [ …] Natürlich kamen wir auch auf mich zu sprechen. Er meinte, die Epilepsiediagnose wäre Unfug, ebenso jene mit der Borderlinestörung..

Ich kann nicht alles wiedergeben, was besprochen wurde. Eine gewisse Grundskepsis blieb. Aber insgesamt über 90 Minuten telefoniert, am Bild lediglich 18 Minuten zusätzlich geschafft.

Der Schmerz im Gesäß treibt mir erst recht den kläglichen Mageninhalt hoch. Zu wenig Pulver im Kakao. Das Kissen erneut wechseln. Auch muss ich bemerken, augenblicklich noch unruhiger und aggressiver zu werden.