27. August 2019, Dienstag „Sommerende…“

7:54
Die Ressourcen verbraucht, verraucht, das Possenspiel zerfällt. Ich kann nicht mehr. Gestern mehrfach aus dem Zimmer geflüchtet. Wir sind nun vollzählig, die Zimmerkapazitäten ausgeschöpft. Die politische Stimmung zu testen konnte ich wieder mal nicht lassen, äußerte mich zu „unser aller Alpenrocker“ Herrn Gabalier, er sei ein Chauvinist, Frauenfeind, und eine Front weiblicher Empörung donnerte mir entgegen. „DER kämpft für die Frauenrechte!!!“… So so, Rechte wie 1940, Frauen zurück an den Herd! Holladrio-Dodel-Jodel-Heil“!

9:28
Gegen den Radio ankämpfen. Das Diktierprogramm sorgt für weitere Nervenentgleisungen. KEINE Nerven mehr. Das Nervenkostüm liegt blank.
Die Diskussion gestern betreffend mir bei der Physiotherapeutin kurz Luft machen müssen. Und prompt, als wir zurück ins Zimmer kamen, wetterte das Handy wieder Alarm und sie kam auch zum Handkuss, zeigte sich ebenso entsetzt, was meine Beschwerde zuvor zu unterstreichen wusste. Danke.
Das beschissene Programm will überhaupt nicht mehr mitspielen; handelt sich auch um eine ältere Fassung.

Ich verschanzte mich abends draußen, hielt es nicht mehr aus. Gabalier permanent volle Dröhnung ohne Vorwarnung als Klingelton, Schlagerparty auf volle Lautstärke aus dem Radio unserer Veteranin, RAUMFÜLLEND, so viel Gerede, durcheinander… ALLES ZU VIEL!!!

MEINE SCHULD, MEIN PECH.

25. August 2019, Sonntag „Bröckelnde Fassade…“

10:28
Die ehemalige junge Zimmernachbarin hatte mir erzählt, dass es von der Netflix-Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ weitere Staffeln geben soll. Gestern mit dem Kucken begonnen. Als ich dann abends im Bett lag, die erste Folge der zweiten Staffel, und ich brach unkontrolliert in Tränen aus. Und jetzt… Die beiden Zimmernachbarinnen, die etwas mitkommen könnten, sind augenblicklich beim Rauchen. Unsere Veteranin hört wieder volle Lautstärke Radio, erst die kotzwürdigen Schlager, dann wieder eintauchen in meine Kindheit, 1980er, „I just called to say I love you“. Davon gibt es einfach kein Entfliehen, nicht einmal mit Kopfhörern. Die Klangverschmutzung kriecht zwischen den Ohrstöpseln in meine Gehörwindungen und vergiftet mein Gehirn mit Panik, Derealisation, Beinahe-Abscencen.
Dann dieser erneute Affront mit meiner speziellen Lieblingsschwester („Lass den Blödsinn doch sein!“-zu meinen Autoaggressionen). Monierte, warum der Port-a-cath nicht punktiert würde, um mich wie eine Fünfjährige maßregeln lassen zu müssen. Mit lauter altklugen Scheißweisheiten…
und dann die Visite, unerwartet mit meiner neuen „Herrin und Meisterin“, die mir doch tatsächlich anbietet, ich könne mich über ein neues Präparat ja auch mit meiner alten Neurologin auseinandersetzen. Aber ich meinte nur, abwinkend: „Ich habe wirklich keine Lust mehr auf Angela Merkel, danke!“. Also ein neues Präparat, das einmal halbjährlich per Infusion verabreicht würde. Irgendetwas mit „O“. Wie es mir ginge. Schulterzucken und Handzeichen auf meine Augen. Das neue, das letzte MRT hätte doch tatsächlich ergeben, dass gar keine Kontrastmittelaufnahme mehr stattgefunden hätte.So fragte ich sie, ob sie meiner Theorie beipflichte, dass es sich also um eine abgelaufene Sehnerventzündung handelt, und das ist und bleibt erst einmal status quo!Aber trotz allem hätte sie freitags veranlasst, hinter den Kulissen, dass man eine weitere Stoßtherapie beginnt. „Da kann man hinterher wenigstens nicht sagen, man hätte es nicht versucht!“.

Status quo… Großartig. Und das war es dann oder wie? Der endgültige Rundumschlag, der vernichtende Schlag, der noch zu erwartende Genickbruch…

ZU BESCHISSENER KRÜPPEL!!!
JETZT SIEH‘ ZU, WIE DU DAMIT KLAR KOMMST!!!

Ich hab die Ohrstöpsel in den Ohren, darüber noch einmal das Headset, und dennoch kriecht dieses stupide Kirchengewäsch in meinen Schädel und lässt die ganze Situation noch bescheuerter und surrealer erscheinen…

Der Kirchenchor singt mehr schief als sonst was, Und plötzlich finde ich mich wieder in viel zitierter „Weihnachtsfeiersituation“ damals als Kind, die immer wieder wie Sodbrennen plötzlich hochkommt, wie Kotze, zusammen mit existenziellen Todesängsten und der vermutlich berechtigten Befürchtung, dass damals irgendetwas passiert sein muss.

Unkontrollierte Tränen, ehe die Augen wieder zu brennen beginnen, Weil sie mein eigenes Geheule satt haben, meine Tränen giftig, verätzen den Augapfel. „Komm‘ damit klar!“. Nicht laufen, nicht gehen, nicht malen, nichts auf der Kamera erkennen, nichts am Bildschirm erkennen, keine Gesichter erkennen, nicht am Video schneiden können… einfach nur kongeniales NICHTS!!! Also was bin ich?? Ein NICHTS!!!

Und als hätte ich das noch zusätzlich benötig, spinnt das Diktierprogramm in einem fort… ein Bug nach dem anderen. Wäre ich zuhause, wäre ich alleine…Allein mit meiner Büchse derPandora… Ein kleines, ein großes Blutbad… Das man wieder als selbstgewählten, selbstverschuldeten „Blödsinn“ abtun kann… Weil man sich ja selber aussucht, als kleines Kind gefickt zu werden, man sich selbst ausgewählt hat, psychisch und körperlich zerstört zu werden, verdammte Scheiße!!!

Weil das alles hier ja nur ein heiterer Spaß ist, dudelt aus dem Radio „Happyhippo Musikantenstadl-Ziehharmonikagequetsche und Stadtkapellen-Tschinerassassa“ der infantilsten Art und Weise und ich komme mir vor wie in einer Persiflage über mein ganzes Leben!!! Standing ovations bitte, alles lacht sich kaputt, hahaha!!!

Mir wird schlecht. Vor Wut. Vor angestauter Aggression. Vor Verzweiflung, die ich nicht zulassen darf. Alles schreit nach einer Reaktion, einem Antagonisten, verdammt…

19:30
2,6mg Hydal, für wenige Minuten Frieden.
Panikattacke um Panikattacke.

NA; DU FETTE DRECKSAU??!!!!

Meine Wampe ragt seit Stunden weit hervor, als sei ich ein hochträchtiges Schwein.

Und gerade DU erzählst jedem, ob es ihn interessiert oder NICHT, dass DUHU vom Kortison NICHT zu fressen anfängst, DU MASTSAU??!!!!!!
WAS WAR DAS GRADE MIT DEN FETTEN NÜSSEN??!!!!!

Sie weggeworfen. Auch die restlichen Elefantenpopel. Nachdem ich nach dem Essen ein paar der Nüsse in mich reingestopft hatte, wegen dem Besuch, Gerede, Radio und erst recht weil ich meine Situation nicht mehr aushielt. Das Mittagessen zu 70% verschmäht. Das Abendessen zu 70% verschmäht. Mittags die Suppe. Abends ein paar Löffel der Suppe…

UND SO UNENDLICH PEINLICH HIER VERHEULT HOCKEN IN DEINER UNENDLICHEN FETTHEIT!!!!!!!!!!

und der scheiß Radiosender läuft immer noch. Ich will mich massakrieren, verdammt!!
Die Klingen wären da. Wem würden die Schnitte am Bauch auffallen???
Wie versteinert. Wie soll ich mit dem SCHEISS nur umgehen? Kann nicht rational drüber nachdenken. Meine Gefühle nicht fassen. Keine Bewältigungsstrategien mehr. Ratlos. Keine Zukunft. Und dennoch Schauspiel, Masskarade, oberste Pflicht…
Versteinert…

10. August 2019, Samstag „Trübe Aussichten…“

12:11
59,9 Kilo um etwa 10:15 Uhr. Dafür im Krankenhaus so wenig gegessen? Dafür zwei Tage Entwässerungstabletten? Mal sehen, wie lange mir mein Diktierprogramm heute wohlgesonnen ist. Oder ob es vor lauter Hitze alle Viere streckt, wie gestern, gleich mehrfach hintereinander.
Witze machen, Witze machen, Witze machen, am laufenden Band, eine fahrende Ironieschleuder… Bis das Cortison wieder zur leidigen Achterbahnfahrt läd. Wie gestern eben. Erst hatte mir Sebastian draußen eine Wanne hingestellt, meine Füße in kaltes Wasser. Dann doch noch entschieden, eine Spritztour zu wagen. Der nagelneue Rollstuhl macht Geräusche, als sei etwas abgebrochen. Sebastian meint, das sei halb so wild, mir macht es Magenschmerzen (noch mehr), dass das Ding gleich bei der dritten Fahrt kaputtgehen könnte. Außerdem klingt das auch ziemlich bedrohlich, alles tscheppert, rattert, klappert im rechten Hinterrad. „Viel zu sehen“ gab es für mich ohnehin nicht, also Kopfhörer in die Ohren, meine Laufmusik auf volle Dröhnung, und rein in den Sonnenuntergang, bis die Pumpe vor Wehmut und Schwere auf der Strecke zu bleiben drohte. „SO mag ich das “!!
WIE oft hielt ich unverwandt auf der Strecke und konnte mir die Tränen nicht verkneifen! Und dabei, das mag sich nun sehr absonderlich anhören, schräg anmuten, fühlte es sich auch gut an, die Maskerade mit jeder Faser loslassen zu können, fallenlassen zu können, und EINFACH NUR zu trauern… Ganz tief hinunter, ganz tief hinein, bis zum inneren Kind, mit dem inneren Kind…

Schon beginnt das Programm wieder mit seinen Sperenzchen. Der Fahrtwind tat gut. Die laute Musik wühlte auf. Wieder, mehrfach wollte ich sterben. Und kaum zurück zu Hause, mit meinem klobigen Monstergefährt ins dunkle Wohnzimmer, auf meinem Tisch meine „Notfalldose“, Rasierklinge, zwölf mal schneiden, hacken, ritzen…
Das gute Stück war doch zuletzt noch nagelneu, unendlich scharf… Meine Haut verbraucht, der Körper verbraucht, ausgelutscht, ausgetrocknet… Alt…

Als Sebastian mich morgens anzog, weinte er mit einem etwas pikierten Gesichtsausdruck: „Ach bitte! Bedecke deine Blöße! Muss das denn sein?“. Darauf fiel mir wieder eine Anekdote aus dem Krankenhaus ein, die ihresgleichen suchen kann (aber nicht zum ersten Mal). Wurde ich da doch ein weiteres Mal gefragt: „Warum verbietet dir dein Freund DAS nicht?“. Sebastian lachte und meinte, ich sollte mir einen Twitter-Account zulegen.

Das kalte Wasser… Bekam ich nicht allen ernstes Blasenkrämpfe??? Soll das ein Witz sein??? Stehe bei Wüstentemperaturen abends mit den bloßen Füßen auf der Heizdecke???
Außerdem hatten wir nachts einen Spaziergang unternommen. Mit Taschenlampe. Das hatte ich mir vor meinem Krankenhausaufenthalt gewünscht. Es war so schön. Zumal bekam ich wirklich gruseliges Filmmaterial!! Der Mond, die kühle Luft, keine Stechmücken (erstaunlicherweise), der Waldkauz…

Dass ich ein Batzen Hackfleisch bin, dabei noch einigermaßen zu erdulden. Aber nichts zu sehen? Also kaum was, sehr schlecht, nicht richtig???

Und nun das letzte Highlight. Ich kann mir schon denken, dass mir meine Zahnärztin meine erneut dilettantisch zusammengebastelte Theorie bestätigen würde: „Dass das hochdosierte Cortison sofort die Zähne ruiniert!“. Es gab ein weiches Brötchen, mit Käse, Tomaten, Paprika und Butter und Nummer 4 links oben halbierte sich selbst. Wieder war mir nach weinen. „Ich wollte verschwinden, aber nicht auseinanderfallen!“. „Ich lächle nie wieder!“. Zumal es natürlich die Außenseite erwischt hat.

Heute Nacht im Traum hatten Sebastian und ich uns im Gasthaus, in dem kleinen Badezimmer, das sich dort in unserem Schlafzimmer befunden hatte, „verschanzt“. Mein Vater kam das Treppenhaus hoch, er hatte einen Freund dabei. Er rief meinen Namen. War der andere ein Klempner? War das Waschbecken kaputt? Sebastian hatte mich gerade eben erst nackt aus dem Bett geholt, und in meinen Haaren befand sich noch jede Menge Shampoo, das wir nun eigentlich dort im kleinen Waschbecken ausspülen wollten. Ich antwortete nicht. Ich wollte nicht mit ihm reden. Und WIEDER… Diese Tür!! Diese vermaledeiten Türen!!! Ich konnte sie nicht schließen! Sebastian konnte sie nicht schließen! Es ging so schwer, und andererseits öffnete sie sich wieder von alleine, immer einen Spalt, einen bedrohlichen, gefährlichen Spalt…

Zum Einschlafen das Ende von meinem nun nicht mehr neuen Buch vorlesen lassen. „Vati“ (eigentlich der Großvater) stirbt an Lungenkrebs. Er hat das Mädchen nicht im klassischen Sinne vergewaltigt. Er hat wortwörtlich ihr Gehirn gefickt! ER hat SIE befriedigt. Mit der Hand, oral und sie jedes Mal zum Höhepunkt gebracht. Brainfuck!!! „ICH bin schuld, weil es hat mir ja auch gefallen!!!“. Nur so viel als Rahmenbedingung für meinen Traum anschließend. (Mir fällt der Titel meiner Lektüre nicht ein, sonst hätte ich das jetzt vermerkt)

meine letzten Worte sollen sein: Ich kann nicht tippen, die Maus nicht benutzen, habe keine Luft, der Magen drückt, Sebastian hat die Vögel vergessen, der Eimer steht draußen auf der Treppe mit dem Futter, aber die Meisen bedienen sich mittlerweile selbst…

Und soll das Video nun „Pimp my Schrottkiste“, „Blockbuster“ oder „Unendliche Geschichte“ heißen? In Anbetracht der gigantischen Datenmengen bekomme ich Panikattacken! WIE ZUM HIMMEL SOLL ICH MICH DA DURCHACKERN??? UNTER DIESEN UMSTÄNDEN???
„Ist doch nicht wichtig!“…
DOCH!!! ICH BIN EIN KREATIVER MENSCH, ICH MUSS SCHAFFEN, MEIN SCHÄDEL PLATZT SCHON MORGENS NACH AUFSCHLAGEN DER AUGEN VOR LAUTER IDEEN!!! BESCHISSENE KLUGSCHEISSER!!!…

Oder um diese hohle Schwester in meinem flüchtigen Anflug von Zorn noch ein weiteres Mal zu zitieren: „Für was brauchst du diesen ganzen Krempel (Computer und Co.)? Du hast doch einen Mund!“. Blöde Kuh! Mit wem soll ich denn reden, wenn ich mit meiner Sozialphobie allein zu Hause hocke???!!!

9. August 3019, Freitag „SEH-entnervt!!!“

13:44
Und nun? Wie fünfmal durchgekaut und zehnmal wieder hochgewürgt!!! Ein triefender Waschlappen. Nicht Augen, nicht Hände, nicht Füße, nicht Körper… Eine Amöbe an Land. Der Ventilator läuft und kühlt die nackten Beine ab, die noch gestern von meiner alten Zimmernachbarin als „wunderschön“ deklariert worden waren, als ich ein einziges Mal im kurzen Kleid am Rollator an ihrem Bett vorbei schlurfte. Braucht man für Krampfadern Venen? Das könnte einiges erklären. Ich bin müde. Ich bin aufgekratzt. Ich habe Herzrasen. Ich schlafe ein. Ich habe Panik. Ich habe Kopfschmerzen. Einen Druck im Magen. Mir ist schlecht. Ich bin unbrauchbar. Wertlos. Und hocke hier vor meinem Bildschirm, weil es draußen zu warm ist, und dabei die Steroidakne mal eben schnell noch in eine Mallorcaakne obendrauf ausufern könnte und dann wird’s richtig unappetitlich! Erstaunlicherweise ist mein Gesicht bis dato recht gut weggekommen. Ausschnitt, Schultern, ganz klassisch… Köstlicher Streuselkuchen!! KOTZ!!! Vielleicht ist es dieses Mal sogar ganz praktisch und von Vorteil, dass ich nicht die ganze Zeit daran herumkratzen und daran herum montieren kann. Wie gewöhnlich.

Ei! Ist das nicht fein?! Dass die Hände völlig gelähmt sind? Ausgelutschte Kaugummis? Stellenweise schon etwas hart, ausgetrocknet, spastisch?

Es tut mir leid, meine Bildsprache ist wahrlich phasenweise unappetitlich!

Aber was für eine Wohltat, nachts der Ventilator, das eigene Bett, keiner der die ganze Nacht in seinem Demenzendstadium orientierungslos das ganze Krankenhaus zusammenschreit. Keine Oma, keine gleich mehrere Omas, die in ihren Schnarchpraktiken Zombienacheifern!

Und nun der absolute Clou! Ich weiß nicht wie, warum, geschweige denn wann… Doch in der Tat habe ich nun über 8 Stunden Videomaterial!!! Holy shit!!!

Auf einer der MS-Plattformen stand zu lesen (so ich es in etwa richtig deuten konnte mit meiner Blindheit), man solle ruhig bleiben. „Alles wird gut…“. „Tritt überraschend schnell auf…“. „Legt sich schnell wieder…“. „Binnen weniger Tage…“. „Manchmal dauert es zwei Wochen…“. „Dauert es länger als fünf Wochen…“… „Spontane Remission von 80 %…“.
Ich habe Angst. Meine Notfalldose mit den Beruhigungstabletten liegt bereits vor mir. Meine Mutter braucht ständig die Aufenthaltsbestätigung des Krankenhauses für eine Abrechnung mit der Krankenkasse oder dem Finanzamt und monierte zuletzt Sebastian gegenüber, dass da doch eine Diagnose draufstehen müsste. Das hat mich gleich wieder an die Decke gejagt! „Die Beweggründe für meine Krankenhausaufenthalte gehen weder SIE noch sonst wen was an!!!“. So fragte ich gestern die Schwester, als sie mir meine Papiere zusammen packte in ein Kuvert, und auf besagtem Schein wieder nicht mehr als das Datum verzeichnet war: „Gehe ich recht der Annahme , da darf gar keine Diagnose draufstehen?“.

Sie, resolut: „NEIN!“.
Wie aus dem Maschinengewehr. „ICH HAB’S DOCH GEWUSST!!! ES GEHT IHR NUR DARUM ZU ERFAHREN, WAS IN MEINEM LEBEN SCHON WIEDER ABLÄUFT!!!“. Oder, in der Tat, irgendjemand hat ihr mal eine Fehlinformation gegeben. Macht mich wütend.

Und wie soll ich den Text jetzt korrigieren? Ihn mir einmal vorlesen lassen. Das bisschen Diktieren, ich habe keine Luft mehr… Aber Sebastian hat versprochen, mich nachher im Garten kurz mit eiskaltem Wasser aus dem Gartenschlauch abzukühlen… Das brauche ich!!!

17:05
NICHTS! Keinerlei Bewegung möglich! Die Depression verschlingt mich! Ich will nicht mehr leben!
Wie kann, wie DARF ich mir wünschen, dass die Zeit vergeht, damit es wieder kühler wird. Um damit die so kostbare Zeit, die mir ohnehin permanent davon läuft, von vornherein zum Teufel zu jagen und schon ist es wieder Herbst, es ist kalt und ich kann allein das Haus nicht verlassen??! Das ist erstrebenswert??!

Bei diesem Wetter geht es allen MS-Kranken so!“. Ausgewachsener Bullshit!!! Vor neun Jahren lief ich jetzt gerade mal neHalbmarathondistanz.
JETZT bin ich der Inbegriff einer Bettlägerigen. Warum muss man das ständig über einen Kamm scheren, ständig vergleichen, ständig auf eine Ebene heben? Da liegen doch Welten dazwischen, wie kann man das nur so ignorant verallgemeinern???

Und mein Hirn spuckt Erinnerungssplitter aus, noch und nöcher, als würde sich das Versteck des inneren Kindes plötzlich in Staub auflösen, es regnet Erinnerungsasche!!! Haarklein und doch zu erkennen, dass die Summe der Masse ein Ganzes ergibt!!!
Hier hocken bleiben und blöd hoffen, die Stunden zu überleben? Dabei nichts schaffen können? Oder doch Reißaus nehmen und die Flucht nach vorne antreten, riskierend, mit Sonne und Sonnencreme auf der Haut, NOCH mehr wie ein Brechmittel auszusehen??? Die Rasierklinge im Hinterkopf, Blutverdünnung in der Blutbahn. Ich weiß, ich weiß, Heparin bringt’s nicht. Beruhigungstabletten? An einem trockenen Brötchen vom Frühstück kauen… Keine einzige Tastenkombination eingeben können. Nicht klicken können. Der Ventilator dreht durch und mir läuft die Sauce von der Stirn… Fahrtwind wäre vielleicht doch nicht so verkehrt…